Die Jahre 1920-1933
Bald stimmten wirtschaftliche Interessen des Wirtes von „Richtershorn“ und sportliche Ambitionen des Vereins nicht mehr überein. Unter dem Vorsitzenden Karl Kersten erwog man daher ernsthaft den Erwerb eines eigenen Club-Grundstücks. Vor allem Kamerad Richard Kersten hatte sich unter vielen Mühen intensiv für das Vorhaben eingesetzt und fand Unterstützung beim Bundesvorsitzenden Höfer sowie beim damaligen Hegemeister Bartel. Schließlich unterzeichneten am 27. Dezember 1920 der Verein und die Regierung in Potsdam, Abteilung für direkte Steuern, Domänen und Forsten, einen Pachtvertrag mit zunächst acht Jahren Laufzeit. Die neue Heimat des Clubs lag nun in Berlin-Schmöckwitz, Jagen 36, am Seddinsee mit herrlichem Seeblick bis Gosen. Noch im Winter 1920/1921 begannen unter dem Vorsitzenden Karl Kersten und seinem Nachfolger Carl Dreblow Bauarbeiten. Die Finanzierung, besser „Geldbeschaffung“, lag in den Händen von Richard Kersten. Da kaum Geld zur Verfügung stand, hatte jedes Mitglied im für alle obligatorischen Arbeitsdienst entsprechend seinen Fähigkeiten Hand anzulegen. Material wie Holz, Steine und Schlacke kaufte man unter anderem aus alten Heeresbeständen nach dem Abriss von Pferdeställen und schaffte sie mit drei Zillen auf dem Wasserweg heran. Die Einnahmen aus Beiträgen und Spenden der Mitglieder, die auch bei Verwandten und Freunden sammelten, reichten nicht. Es mussten daher neue und zahlungskräftige Mitglieder geworben werden.
Um dafür die Attraktivität des Clubs zu erhöhen, beschlossen die Mitglieder am 1. Oktober 1920 eine Namensänderung. Es gelang, den Hauptgläubiger des Vereins und Bauunternehmer Carl Zachow als neues Mitglied zu gewinnen – und so die Außenstände als Einlagen zu verbuchen. Bereits zum Ansegeln 1921 standen die Wände des Clubhauses, einige Privathäuschen waren im Bau, Wasserleitungen verlegt, das Gelände an den erforderlichen Stellen gerodet und nicht zuletzt der von drei Kameraden angefertigte Flaggenmast aufgerichtet. Am Tag des Ansegelns 1921 erfolgte die feierliche Flaggenhissung parallel zur öffentlichen Umbenennung des Vereins in „Dahme Jacht Club“ (DJC). Die Namensänderung im Vereinsregister erfolgte bereits am 14. Februar 1921.
Um weitere Einlagen in die Clubkasse zu bekommen und Anreize für finanziell besser gestellte Mitglieder zu schaffen, ordnete der Verein seine Vermögensverhältnisse neu. War bis dahin jedes Mitglied am Vereinsvermögen gleich hoch beteiligt, so gab man dieses Prinzip nun auf. An seine Stelle trat eine „wirtschaftliche Vereinigung“ nach dem Aktienrecht. Anteilscheine kosteten 500 beziehungsweise 1 000 Mark. Für je 500 Mark erhielt der Anteilseigner eine Stimme in Eigentumsfragen des Vereins.
Dieses für einen Sportverein nicht tragbare undemokratische Prinzip der Teilung in sportliche und wirtschaftliche Angelegenheiten unter dem Motto „Geld regiert den Verein“ führte zwangsläufig zu Unstimmigkeiten und Austritten – ein glatter Fehlschlag. Der Vorstand mußte zurücktreten; bereits während der nächsten Generalversammlung des Clubs beschlossen die Mitglieder das Ende der wirtschaftlichen Vereinigung. Dafür hatte jeder einen Pflichtanteil von 70 Mark zu übernehmen. Anschließend erhöhte sich die Mitgliederzahl wieder auf 60 Männer. Trotz dieser Turbulenzen ging der Ausbau auf dem Gelände weiter. Am 29. Juli 1922 weihten die Mitglieder zum 25. Vereinsjubiläum das neue Clubgelände zusammen mit Stegen und Slipvorrichtung sowie bezugsfertigem Clubhaus ein.
Ergänzungsbauten kamen zwischen 1924 und 1926 unter der Leitung des Kameraden Johannes Barth hinzu, so die Verglasung der Veranda, die Erweiterung der Kantine, die Montage von Stromanschlüssen im Clubheim sowie der Bau eines Regatta-Pavillons. Die Finanzierung erfolgte durch Pflichteinlagen. Die Kameraden Franke stifteten die Veranda und Kuke den Regatta-Pavillon. Viele kleinere Einzelspenden für die Inneneinrichtungen halfen weiter. Am 15. Oktober 1923 wurde die Clubkantine zugelassen und war sofort auch eine zusätzliche, ergiebige Geldquelle.
Nach Fertigstellung des neuen Clubhauses rückte sportliches Segeln wieder stärker in den Vordergrund, zumal der Regattasport im DSB großen Aufschwung genommen hatte. Auch der Bootsbestand im DJC nahm erheblich zu. Segelten noch 1919 nur zwölf Boote unter dem Clubstander, so waren 1921 bereits 24 Yachten im Register des Vereins eingetragen. Bis 1924 wuchs die Flotte auf 41. Dem neuen Trend des DSB und dem sportlichen Führungsstil des Kameraden Carl Dreblow folgend, nahm der DJC in dieser Zeit nur Klassenboote auf. Das Yachtregister des DJC zählte 1924 fünf 15 m2– sowie drei 20 m2-Rennjollen. Als Beispiel für das große Mitglieder-Engagement beim Bau ihrer Boote ein Zitat aus den Aufzeichnungen einer Ehefrau im DJC: „Es ist besonders hervorzuheben, dass der Kamerad Kersten es noch fertig gebracht hat, sein ‚Glückskind III‘ bis zum ersten Regattatag nach Richtershorn zu bringen. Nach durcharbeiteten Nächten und langer Fahrt durch den Teltowkanal bei strömendem Regen traf Kamerad Kersten zehn Minuten vor der Steuermannsbesprechung in Richtershorn ein. Von dieser sportlichen Begeisterung für das Regattafahren des Kameraden Richard Kersten mit seinem ‚Glückskind III‘ kann man lernen und sollte stets bestrebt sein, ihm in jeder Sache nachzueifern.“ Um das Regattasegeln zu forcieren, stifteten DJC beziehungsweise Mitglieder mehrere Wanderpreise. 1923 gewann der Kamerad Carl Dreblow auf seiner 20 m2-Rennjolle „Windspiel“ den vom Reichspräsidenten Friedrich Ebert gestifteten „Staatspreis“.
1924 sicherten sich die Kameraden Karl Richter auf der 15 m2-Rennjolle „Sleipner“ und Paul Kluth auf der 20 m2-Rennkielyacht „Bajazzo“ die erstmals ausgesegelten Meisterschaftsflaggen als höchste Trophäen des DSB. Aus diesem Jahr sind auch erste Platzierungen von DJC-Mitgliedern im bundesoffenen Fahrtenwettbewerb bekannt. Kamerad Dr. Rieckenburg gelangte mit seinem 30 m2-Kreuzer „Cläre“ auf Platz 15, Kamerad Luer auf der 15 m2-Jolle „Margot“ auf den 16. Rang.
Für den DJC war 1926 ein besonders erfolgreiches Jahr. Stolz feierte der Dahme Jacht Club den Gewinn des Stadt- und des Stadt-Sonderpreises als einen Sieg von Kameradschaft und Gemeinschaftsgeist. Dabei handelte es sich um einen vom Berliner Oberbürgermeister Gustav Boeß gestifteten Mannschaftspreis, den man zur Herbstwoche 1926 auf dem Wannsee vor allem durch die hohe DJC-Teilnehmerzahl errungen hatte. Der Vorsitzende Johannes Barth schaffte es mit seiner Überzeugungskraft und durch sein Vorbild, die gesamte (!) DJC-Flotte per Schlepp an den Start zu bringen.
1931 gewann der Verein den Stadtpreis endgültig. Außerdem erkämpften 1926 die DJC-Segler Emil Vogt, Arthur Redmann und Richard Buchmann auf ihren Bundes-Rennjollen beziehungsweise Rennkielyachten drei Meisterschaftsflaggen.
Lange dominierten 20 m2-Rennkielyachten des DJC auf den Regattabahnen. Allein zwischen 1924 und 1928 holte der DJC alle Meisterschaftsflaggen dieser Klasse in den Verein. Auch in 10-, 15- und 20 m2-Rennjol-len segelten Mitglieder erfolgreich. Kamerad Emil Vogt gewann mit seiner 10 m2-Bundesrennjolle „Chico“ und seiner 20 m2-Bundesrennjolle „Lola“ seinerzeit die meisten Trophäen. Er holte fünf Meisterschaftsflaggen in den DJC. Der DSB nominierte ihn wegen dieser Erfolge für die Olympia-Qualifikationen 1932 in der 12-Fuß-Scharpiejolle. Leider verpasste er trotz eines guten dritten Platzes unter zehn Kandidaten die Olympiateilnahme. Ausgesprochen erfolgreich segelte auch Richard Buchmann für den DJC. Auf seiner 20 m2-Rennkielyacht „Onkelchen“ gewann er drei Meisterschaftsflaggen. 1929 sicherte sich erstmals Kamerad Kürt Krupa auf seiner 20 m2-Bundes-rennjolle „Tibia“ die Meisterschaftsflagge. Sie steht am Anfang seiner sehr erfolgreichen Karriere zunächst als aktiver Segler; später folgten ehrenamtlichen Tätigkeiten in
wichtigen Funktionen auf Vereins- und Verbandsebene.
Sportliche Erfolge im Visier, zogen Mitglieder schon früh talentierten Nachwuchs heran. So richtete der
Verein 1925 eine Jugendabteilung mit zunächst zwölf Jungmannen ein. Zwei Jahre später ersegelten sie in der Clubwertung der DSB-Jugendregatten den zweiten Platz. Der Nachwuchs trieb gleichzeitig erfolgreich Ausgleichssport im Schwimmen und in der Leichtathletik. Einen interessanten Rückblick auf die ersten drei Jahrzehnte DJC-Geschichte erlaubt übrigens die zum Stiftungsfest 1927 herausgegebene Jubiläumsschrift. Zum 35. Stiftungsfest 1932 blickte der DJC auf die stolze Bilanz von 14 Bundesmeisterschaftsflaggen zurück. Der Mitgliederbestand stieg auf 74 Männer und elf Jungmannen. Im Yachtregister standen 37 Segel- und vier Motorboote.